Rückblick Berner Medientag 2024 – Medialer Erfolg mit diversen Geschäftsmodellen

Drei Medien mit drei unterschiedlichen Konzepten, auch was die Finanzierung betrifft, alle auf ihre Art erfolgreich, stellten sich am gutbesuchten diesjährigen Berner Medientag vor. Unter dem Titel «Erfolgsgeschichten» setzte der Medientag ein positives Zeichen gegen die Hiobsbotschaften über den anhaltenden Personalabbau bei den grossen Verlagshäusern, geschlossene Druckereien und sinkende Werbeeinnahmen. Denn es gibt sie, die Beispiele, die der Malaise trotzen und sogar expandieren.

Plattform J
Urs Gossweiler, Verleger in 4. Generation, hat radikal umgebaut. Von der «Jungfrauzeitung» ist gerade noch der Buchstabe «J» übriggeblieben. Der Erbe einer Druckerei sagte die Printzeitung tot und setzt nun mit seiner «Plattform J» voll auf die digitale Vertriebsform. Das spart Druck- und Zustellkosten. Fürs Handy gibts eine App. Das Angebot ist gratis und soll zu 100 % durch Werbung finanziert sein. Die rund dreissigköpfige Redaktion unter Redaktionsleiter Matthias Mast befindet sich seit Kurzem an bester Adresse mitten in der Altstadt von Bern. Auf der «Plattform J» finden sich neben Textbeiträgen auch Videos. Und für diejenigen, die immer noch gerne in einer Zeitung blättern – wenn auch nur digital – wird 6-mal wöchentlich um Mitternacht ein aktuelles 40 bis 70 Seiten starkes e-paper aufgeschaltet. Die meisten Zugriffe erfolgen nach wie vor aus dem Berner Oberland. Inhaltlich gibt sich «Plattform J» betont wirtschafts- und gewerbenah und knüpft damit an journalistische Modelle wie die ehemalige «Züri-Woche» oder den immer noch existierenden «Berner Bär» an. Für 2024 räumte Gossweiler einen Einbruch der Werbeeinnahmen ein, gab sich aber zuversichtlich, den Betrieb längerfristig wieder auf eine solide Basis stellen zu können.

Pomona Media, Walliser Bote
Primär auf Abonnent:innen setzt hingegen Pomona Media, das Medienhaus, das hinter dem «Walliser Boten» und dem Lokalsender «Radio Rottu» steht. Modeunternehmer Fredy Bayard hatte die dümpelnde Zeitung und das Radio 2018 gekauft und sie in ein florierendes Medienunternehmen umgebaut. Vor zwei Jahren verkaufte Bayard das Unternehmen wieder, und zwar an die Mitarbeiter:innen. Gedruckt wird die Zeitung nun in der Druckerei der TX-Group Bern. Im Gebäude der ehemaligen Walliser Druckerei wurde ein moderner Newsroom eingerichtet. «Wir machen nun alles ausser Fernsehen», sagte Online-Chefin Rebecca Schüpfer am Medientag und ergänzte: «Wir wollen schnell und nahe bei den Leuten sein». Deshalb der konsequente Ausbau des Webauftritts mit Newsticker nach der Devise «digital first». Dank harter Paywall konnten die Abozahlen um über 10 % erhöht werden. Die Paywall und die höheren Abopreise seien zwar kritisiert worden, doch habe man glaubhaft machen können, dass guter Journalismus etwas koste.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis
Mit dem seit 50 Jahren sendenden «SRF Regionaljournal Bern Freiburg Wallis» stellte sich auch ein gebührenfinanziertes Medium vor. Redaktionsleiter Christian Liechti erklärte anschaulich, wie mit einem sehr kleinen Team täglich 50 Minuten Sendezeit bespielt werden. Dies funktioniert, weil alle Mitarbeitenden Allrounder:innen sind und jede Rolle übernehmen können. Diese Fähigkeiten müssen sie noch ausbauen, soll das «Regi» zukünftig auch noch Fernsehen machen können. Durch die guten Sendeplätze rund um die Primetime erreicht das Regionaljournal täglich 142’000 Hörer:innen. Anders als Gossweiler und Schüpfer blickt Liechti auch sorgenvoll in die Zukunft. Kein Wunder, denn als SRG-Mitarbeiter bekommt er die Sparrunden beim konzessionierten Medienunternehmen hautnah mit.

Studie Lokalkommunikation
Dass die Lokalberichterstattung vielerorts abnimmt, stellt viele Gemeinden vor Herausforderungen. Dies hat Johanna Burger von der Fachhochschule Graubünden untersucht. Ihr Team hat dazu mehrere Lokalmedien (Print, Radio, Fernsehen und Web) sowie verschieden grosse Gemeindeverwaltungen befragt. Viele Gemeinden haben in Ermangelung lokaler Medien ihre Kommunikationsabteilungen ausgebaut und informieren nun selbst. Das ist nicht unproblematisch, weil dabei die kritische Distanz fehlt und die Kommunikation zur Hofberichterstattung verkommt. Bei den Medien müssen immer weniger Personen immer mehr Leistung erbringen. Der zunehmende Stress führt dazu, dass erfahrene ältere Jounalist:innen ihr Know-how nur ungenügend an die jüngere Generation weitergeben können. Ein Studienergebnis ist auch, dass viele Lokalmedien von einer einzigen Schlüsselperson abhängig sind und die dann zusammenbrechen, sobald diese Person ausfällt.

Text: Christof Berger, Dezember 2024
Fotos: © Lukas Vogelsang

 

Links:
www.plattformj.ch

www.pomona.ch

www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis

localcommunication.fhgr.ch