Rückblick auf den 26. Berner Medientag 2016

Wie konnten zwei Studenten mit ihrer Abschlussarbeit die gesamte Medienwelt narren? Und wie kann verhindert werden, dass Redaktionen und damit Medienkonsumentinnen und Medienkonsumenten mit gefälschten Fotos und Videos hinters Licht geführt werden. Auf diese Fragen hatte der Berner Medientag 2016 eine Antwort parat.

Von Christian Moser

Die Spannweite der Programmpunkte unter dem Titel «Stimmt’s?» am 26. Berner Medientag vom 19. November 2016 im Generationenhaus in Bern war breit. Unter der Leitung von Joël Hafner wurde über den schmalen Grat zwischen seriös und (vor)schnell oder zwischen Zurückhaltung und Zurückhalten im medialen Alltag diskutiert.

Für das Inputreferat besorgt war Alun Meyerhans. Zusammen mit einem Studienkollegen hatte er für die Bachelorarbeit an der ZHdK mit gezielten Aktionen die Medien hinters Licht geführt. Eine in Wirklichkeit nicht existierende Gokart-Gang hatte über verschiedene Kanäle ein öffentliches Rennen angekündigt, das allerdings gar nie stattfinden sollte. Alun Meyerhans schilderte ausführlich, wie er und sein Kollege auch soziale Medien genutzt hätten, um die nötige Verbreitung ihrer Geschichte zu finden. Zum Beispiel mit dem Facebook-Profil ihrer imaginären Figur Luis Lienhard. Es seien auch Leserbriefe geschrieben und Leserreporterfotos verschickt worden. Zudem hätten sie Medienschaffende direkt angesprochen.
Sein Kollege Michael Schwendinger und er hätten aber nicht einzelne Medien blossstellen wollen, erklärte Meyerhans. Vielmehr sei es darum gegangen, auf das Phänomen des «Fear of missing out» aufmerksam zu machen. Auf das Gefühl respektive die Angst also, ein Ereignis zu verpassen.

Auf der Goldwaage oder über den Daumen gepeilt?

Über das Verifizieren von Nachrichten diskutierten hiernach Roman Mezzasalma, Leiter der Redaktion Nachrichten/Teletext/Info3 von Radio SRF, und Viktoria Weber vom Newsportal Watson. Wer vorhergesagt oder vielleicht sogar gehofft hatte, da würden zwei Welten aufeinanderprallen, sah sich getäuscht. Die Diskussion unter der Leitung von Sophie Hostettler ergab ein differenziertes Bild. Viktoria Weber schloss nicht aus, dass Watson ab und zu mal forscher an ein Thema herangehe als die SRF-Nachrichten. Aber letztlich würden Geschichten auch bei Watson weiterentwickelt und basierten mit der Zeit auf immer mehr gesicherten Fakten. Eher selten sei eine Meldung der SRF-Nachrichten Basis einer Watson-Story. Was SRF wisse, sei in aller Regel auch Watson nicht entgangen, sagte Weber.

Mezzasalma sah keinen Grund, an der Seriösität des Newsportals zu zweifeln. Es komme durchaus vor, dass er sich auch bei Watson informiere. Letztlich gelte für SRF die Zwei-Quellen-Regel. Was nicht durch zwei voneinander unabhängigen Quellen belegt sei, gehe nur in absoluten Ausnahmefällen über den Sender und dann werde die noch unsichere Quellenlage transparent gemacht.

Ist wahr, was man sieht?

Dass nicht alles wahr ist, was man sieht, machte Konrad Weber klar. Der Leiter des SRF News Lab zeigte an zahlreichen Beispielen auf, wie gefälschte oder zeitlich zurückliegende Fotos oder Videos mit verschiedenen Methoden auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden können. Mit der Bild-Rückwärtssuche im Internet könne herausgefunden werden, ob ein angeblich aktuelles Bild bereits früher im Netz kursiert sei. Hilfreich seien aber auch Wetterarchivdaten: Hatte es tatsächlich geschneit, als das Foto angeblich aufgenommen worden war? Oder stimmt der Schattenwurf mit dem damaligen Sonnenstand überein? Nicht jeder Fälschung komme man auf die Spur, aber die Erfolgsquote sei erheblich.

Die Rolle von Kapo, Insel und SDA

In der Schlussrunde standen Bernard Maissen, Chefredaktor der Nachrichtenagentur SDA, Daniela Sigrist von der Berner Kantonspolizei und Franziska Ingold vom Inselspital in Bern auf dem Podium. Gleich zu Beginn der Diskussion stellte Bernard Maissen mit Blick auf die Zusammensetzung der Runde klar, dass er Journalist sei und nicht etwa der verlängerte Arm der verschiedenen Kommunikationsabteilungen.

Daniela Sigrist zeigte Verständnis für die Forderung der Medienschaffenden nach schnellen und meistens auch zusätzlichen Informationen. Dem stünden aber oft die Interessen zum Beispiel der Opfer oder von Angehörigen entgegen oder auch fahndungstechnische Gründe.

Franziska Ingold vom Inselspital zeigte unter anderem auf, welche ausführlichen Vorgespräche nötig seien für Medien-Reportagen aus dem Medizinbereich. Auch aus diesem Grund sei man versucht, ein einzelnes Medium exklusiv zu bedienen. Diese Tendenz hin zur ungleichen Behandlung kritisierte Bernard Maissen vehement. Eine Bevorzugung sei seines Erachtens falsch, und in diesem Punkt pflichtete ihm Kapo-Kommunikationschefin Daniela Sigrist bei.

 

Der 26. Berner Medientag klang traditionsgemäss mit einem Apéro aus, an dem die Diskussionen intensiv und lebhaft weitergeführt wurden.